Eine historisch, wissenschaftlich, aber auch gesellschaftlich für die beiden Störungsbilder relevante Perspektive schafft Judy Singer mit der Einführung des Begriffes Neurodiversität. Sie entwickelte diese Bezeichnung 1998 gemeinsam mit Harvey Blume (Singer, 2017). Singer beobachtete Behindertenrechtsbewegungen in den 1990er Jahren. Ihr Hauptfokus lag dabei auf Autisten- und Asperger-Rechtsgemeinschaften, die sich gegen die, im 19. Jahrhundert entwickelten, drei medizinisch definierten Arten von Behinderung wehrten. Diese waren körperliche, geistige und psychiatrische Behinderungen (Singer, 2017). Ihr Ziel war es, die sozialen Veränderungen zu reflektieren. Im Rahmen dieser Reflektion entwickelte sie den Ausdruck der Neurodiversität. Dieser beschreibt laut Singer (2017), dass Menschen auf einem Spektrum aus neurokognitiven Fähigkeiten verteilt sind. In diesem Zusammenhang spricht sie von einem neurologischen Pluralismus. Singer konkretisierte unter der Verwendung der Kategorien Neurominoritäten und Neuromajoritäten die Wichtigkeit, anzunehmen, dass die Art und Weise, wie der Verstand funktioniert, vielfältig und voller Variationen innerhalb der menschlichen Bevölkerung ist.
Die von Singer geschaffenen Kategorien der Neuromajori- und Neurominoritäten werden heute als neurotypisch (NT) und neurodivergent (ND) bezeichnet (Lange, 2022). Menschen, die laut Singer dem Begriff neurotypisch zugeordnet werden können, weisen im Blick auf die angenommene neurologische Vielfalt eine typische Entwicklung auf, wohingegen neurodivergente Personen, von dieser typischen neurologischen Vielfalt abweichen (Singer, 2017). Diese Unterscheidung innerhalb der neurologischen Vielfalt wird bei genauer Betrachtung der Bezeichnungen Neurodiversität und Neurodivergenz deutlich. Der Ausdruck Neuro-diversität beschreibt demnach die neurologische Vielfalt, die sich in der Bevölkerung laut Singer in Form eines Spektrums widerspiegelt und veranschaulicht die vollen Variationen in der Art und Weise, wie der Verstand funktioniert. Der Begriff Divergenz, in Neuro-divergenz hingegen beschreibt die stärkere Abweichung und Andersartigkeit (Duden.de, 2023). Diese ist in Ihrer Ausprägung stärker als dies in der „normalen“ Neurodiversität der Fall ist.
Zunehmende Abweichungen von dieser typischen neurologischen Vielfalt werden als psychische Störungsbilder klassifiziert. Störungsbilder, die der Neurodivergenz zugeordnet werden können, sind neben Weiteren die Autismus-Spektrum-Störung (ASS) und die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Mittlerweile beschränkt sich die Neurodivergenz-Bewegung jedoch nicht mehr nur auf klinische Störungsbilder, sondern auch Persönlichkeitseigenschaften wie Hochsensibilität oder Hoch- und Höchstbegabungen zählen zunehmend dazu.
Aus persönlicher Betroffenheit, der Betroffenheit uns bekannter Personen, intrinsischer Motivation, einem tiefen Interesse und einer beruflichen Verbindung, haben wir uns explizit, im Blick auf die Neurodivergenz, auf die Phänomene ADHS, Autismus und Hoch- und Höchstbegabung spezialisiert.
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